Tschechien 2019

Unser nächster Jahresurlaub stand an und wir wollten mal nicht so weit fahren, sondern lieber unser nächstgelegenes Nachbarland bereisen.

15. September 2019

1 Tag später als geplant fahren wir los. Dieses Jahr wollen wir West- und Nordböhmen kennenlernen. Wenn wir noch Zeit haben, nehmen wir auch Ostböhmen mit. Aber heute geht es erstmal in den Westen von Tschechien. Wir nehmen uns viel Zeit und fahren nur Landstraße. Kurz nach der deutsch./tschech. Grenze tauchen wir ein in ein grünes Meer. Knappe 20 Kilometer von Eger (Cheb) entfernt beginnt die malerische Landschaft von Westböhmen. Schöne Wälder, sanfte Hügel und überall sattes Grün.

Nach einem kurzen Zwischenstopp zum Einkaufen finden wir am Nachmittag ein schönes Plätzchen direkt an der Eger.

an der Eger

Der Campingplatz „Na Spici“ liegt direkt am Fluss. Als wir ankommen ist es nicht voll. Wir haben die freie Platzwahl. Es sind viele Kanuten unterwegs, die den Hauptteil der Camper ausmachen. Der Platz ist very basic. Als ich die sanitären Anlagen sehe, bin ich froh, dass wir eine Nasszelle einschließlich Klo im WoMo haben. Dafür zahlen wir auch nur ca. 12,00 €/Nacht und die Lage ist einfach traumhaft.

Wir sind von den letzten Wochen beide geschafft, also gehen wir es ganz in Ruhe an. Nachmittagsschläfchen, lesen, Salat schnippeln… Wir lassen uns Zeit. Abends drehen wir noch eine Runde und genießen die Landschaft.

16. September 2019 – Karlsbad

Morgens ist draußen alles nass vom Tau und es ist frisch. Deshalb halten wir uns gar nicht soo lange auf dem Platz auf. Nach dem Frühstück geht es los Richtung Karlsbad. Irgendwie wirkt diese Gegend hier leicht spooky aber trotzdem wunderschön.

Wir fahren durch dichte Wälder in Sichtweite der Eger und tauchen ein in ein grünes Meer – Waldbaden nennt man das, glaub‘ ich. Nach 20 Minuten erreichen wir Karlsbad. Als erstes suchen wir eine Apotheke – Harry braucht seine Medizin… Dann geht es weiter Richtung Altstadt. Karlsbad ist wunderschön aber für mich etwas zu viel von allem. Die Stadt wurde größtenteils saniert und wir bewundern die kleinen Gassen, die vielen Kolonnaden mit ihren reich verzierten Säulengängen, die Pracht der letzten zweihundert Jahre, die sich mischen mit dem Angebot der heutigen Zeit: eine Boutique reiht sich an die nächste, eine Beautyklinik folgt auf die andere. Wie gesagt – für mich etwas zu viel Konsum.

Um dem zu entfliehen kraxeln wir zum Hirschsprung hinauf und werden mit einem fantastischen Blick über Karlsbad belohnt.

Tapfer sind wir und machen es den anderen Touristen gleich. Wir kaufen uns einen hässlichen Becher und trinken wagemutig von jeder Quelle, die uns über den Weg kommt. Von heiß (65 Grad) bis kalt (30 Grad) schmecken alle Heilwasser gleich. Sehr salzig und mineralisch. Es schmeckt, als ob man eine Laterne ablecken würde.

Langsam machen wir uns auf den Rückweg zum Auto und entdecken abseits der Hauptwege weitere Schönheiten, die von der Geschichte Karlsbads erzählen.

Etwas „stadtgeschafft“ kommen wir wieder am Womo an und beschließen: es reicht erstmal an Häusern, Menschen, Gebäuden und Stadt. Wir wollen weiter ziehen und uns einen schönen Schlafplatz suchen.

So lange müssen wir da gar nicht fahren. Loket liegt gleich um die Ecke. Die kleine Ortschaft, die wir morgen erkunden wollen, wird fast wie eine Insel von der Eger umkreist. Malerisch präsentiert sie sich bei unserer Ankunft.

Wir machen noch einen kurzen Abstecher in den Ort. In der hiesigen Brauerei genießen wir böhmisches Essen und lassen den Tag ruhig ausklingen.

17. September 2019

Die Nacht war ruhig auf unserem Platz. Zwar direkt an der Straße aber nachts ist kein Verkehr und morgens zum Frühstück präsentierte sich uns dieser Ausblick

Einfach nur traumhaft.

Heute haben wir uns eine Wanderung zur Schaukelbrücke über die Eger und wieder zurück vorgenommen. Stramme 15 km liegen vor uns. Wir umrunden Loket und orientieren uns an der Eger, die wir flussabwärts laufen – immer in Richtung Karlsbad. Die Wanderwege hier sind gut ausgeschildert und in einem top Zustand. Wir tauchen ein in eine grüne Welt und saugen die Farben auf. Ab und zu erleben wir auch eine etwas skurrile Landschaft.

extreme Farbspiele

Wir genießen die Landschaft und erreichen nach ca. zwei Stunden die Hängebrücke. Direkt bei der Schaukelbrücke bewundern wir die Hans-Heiling-Felsen. Die Felsengrund ist ein sagenumworbenes Naturdenkmal. Der Sage nach soll es sich um einen versteinerten Hochzeitszug handeln.

Ich – Brückenprofi ohne gleichen – bin froh, heil über die Brücke zu kommen und Harry freut sich auf ein Bier: Auf der anderen Seite befindet sich ein Ausflugslokal. Was dem einen sein Bier, ist dem anderen sein Mohnstrudel – noch warm und dermaßen lecker, dass ich gar nicht mehr aus dem Loben herauskommt: „Schmeckt wie Mohnpielen zu Weihnachten“. Dermaßen gestärkt machen wir uns auf der anderen Flußseite auf den Heimweg. Diesmal verlassen wir die Eger und wandern durch den Wald zurück.

Nach insgesamt 15 km kommen wir geschafft zu Hause am Womo an. Harry merkt, dass er doch erstmal langsam machen sollte und mir tut die Hüfte ziemlich weh. Wir sind halt nicht mehr die Jüngsten 🙂 und außer Training. Macht nichts – dafür haben wir ja Urlaub…

Wir beschließen uns doch noch auf den Weg nach Nordböhmen in Richtung böhmische Schweiz zu machen. Wir fahren auf der Landstraße an Komotau und Leutensdorf vorbei in Richtung Teplitz-Schönau. Danach halten wir uns südlich und kommen gegen halbneu am Campingplatz in Pistany an. Leider sind wir die letzten 60 km im Dunkeln gefahren und so sind wir gespannt, welche Landschaft uns morgen nach dem Aufwachen erwartet.

18. September 2019

Heute ist Waschtag. Wir waschen uns, die Klamotten – das WoMo wird vom Regen gewaschen… Schließlich sind wir auf einem Campingplatz, da heißt es: ausnutzen. Und auch wenn die Outdoor-Dusche nicht nach 5 Sterne Hotel aussieht – sie ist herrlich warm.

Ich stehe ewig unter der Dusche. Denn während Harry im T-Shirt rumläuft, hat sich mein Körper noch nicht auf 15 Grad Höchsttemperatur akklimatisiert. Ich bin dick eingemummelt, trinke Tee und versuche irgendwie warm zu werden.

Was wir gestern beim Ankommen nicht gesehen haben, entpuppt sich heute als Glücksfall. Der Campingplatz liegt mitten in der Natur. Es sind gerade einmal eine Handvoll Leute und ein gestörter Hund da – alles sehr entspannt, wie auch die ganze Umgebung hier.

Camping Jetrichovice

Wir machen uns per Fahrrad auf den Weg in den nächsten Ort – Butter fehlt noch, Brot und natürlich Bier… 🙂 Es ist ein absolutes Paradies hier. Überall sieht man die typischen Häuser, die Landschaft ist traumhaft und das Beste: um die Jahreszeit ist kein einziger Tourist hier. Ab und zu sieht man zwei Wanderer – das war’s.

herrliche Umgebung

Abends packt Harry den tomshoo aus und kämpft sich mit viel Geduld zu deftigen Schinkennudeln.

nicht mehr lange…..

O.k. ….. der Waschtag war irgendwie umsonst, denn als Harry ins WoMo kommt, riecht es bei uns wie in einer Räucherkammer gemischt mit Waschsalon (denn die Wäsche hängt schon längst wegen des Regens drin). Aber wenigstens zeitweise waren wir heute wohlriechend und sauber :-).

19. September 2019

Und Action! Wir wollen und müssen uns nach dem gestrigen Ruhetag bewegen und die Böhmische Schweiz schreit danach erkundet zu werden. Also raus aus den Federn und los (wer braucht schon Frühstück oder Kaffee… :-). Wir fahren Richtung Hrensko – gerade mal ca. 20m km von hier – um in die Böhmische Schweiz einzutauchen. Heute steht das Prebischtor auf dem Programm. Vorher gilt es aber noch die Kamnitzklamm zu erkunden.

In Hrensko zu parken geht nur kostenpflichtig. PKW’s parken am besten beim Hotel Praha, Womo oder größere Gespanne können in Mezni Louka parken und die Tour in entgegengesetzter Richtung machen. Wir finden einen Parkplatz vor einer improvisierten Kaffeebar, Supermarkt oder was auch immer dieser Laden darstellen soll. Aber Parkplatz (5,00 €/Tag) und Kaffee (0,80 €/Becher) nehmen wir dankbar an. Um 11.00 Uhr sind wir dann so langsam abmarschbereit. Wir laufen am Hotel Praha vorbei und biegen ca. 200 m dahinter rechts in die Klamm ein. Was wir sehen ist vor allem eines: viiiiiel Gegend und grün. Überall ist Natur im Überfluss. Die Kamnitz fließt ruhig vor sich hin. An der einen oder anderen Stelle wird sie auch wilder. Felsen steigen rechts und links seitlich am Ufer hoch. Nach ca. 2 Kilometern geht es in die Edmund Klamm und nur noch per Boot weiter. Mit uns im Kahn: die Freunde der Cocker Spaniel. Eine Gruppe von rüstigen Senioren samt ihren insgesamt 7 Hunden, lässt vermuten wie es hier in der Hauptsaison aussieht. Der Bootsführer stakt 20 Minuten lang das Gefährt sicher durch die Kamnitz und erklärt uns, welcher Felsen was für eine Gestalt darstellen soll. Nur mit sehr viel Phantasie ist das eine oder andere zu erkennen.

Ich ertappe mich bei dem Gedanken, wie schön die Fahrt ohne das Gerede des Bootsführers wäre. Einfach nur die Ruhe und die traumhafte Natur genießen. Aber gut, ich kann die Stimme ganz gut weg blenden und genieße. Nach dem Anlegen sehen wir zu, dass wir die Cocker Spaniel Truppe hinter uns lassen und wandern weiter durch die Klamm. Nach ca. 30 Minuten erreichen wir die nächste Anlegestelle. Jetzt geht es in die Wilde Klamm – auch hier nur per Boot. Diesmal ohne Hunde aber auch mit Nonstop Gerede des Bootsführers…. Schön ist es aber trotzdem. Bei zweiten Mal sind wir nur 10 Minuten unterwegs. Unser Weg führt uns weiter durch die Klamm. Nach 30 Minuten verabschieden wir uns von der Kamnitz und wandern noch ein gutes Stück durch den Wald bergauf Richtung Mezni Louka.

Hier stärken wir uns erstmal mit Bier und Apfelstrudel. Was sein muss, muss sein 🙂 Wir beschließen, nicht die große Tour zum Prebischtor zu machen (ca. 1,5 Stunden), sondern die Hälfte der Strecke mit den Bus zu fahren. Gute Idee – leider fährt in den nächsten zwei Stunden kein Bus. Wie schon erwähnt, Nebensaison. Das macht aber nichts. Per AutoStop geht es weiter. Wir sind vielleicht 50 m gelaufen und schon hält einen nette Tschechin an, die uns bis zur Einmündung des Wanderweges mitnimmt.

Also auf geht’s zur letzten Etappe. Mittlerweile sind wir 4 Stunden unterwegs und so langsam melden sich die Knochen. Aber das Ding hier schaffen wir noch – denken wir. Es geht bergauf, es ist anstrengend und irgendwann wird es Harry schwindlig. es ist noch zu früh für solche Touren, das haben wir auch in Loket gemerkt. Ich beschließe, die letzten Meter alleine bis zum Tor zu laufen aber Harry kommt nach, so dass wir letztendlich doch gemeinsam den Anblick des größten Felsentors in Europa genießen können: das Prebischtor.

Gemeinsam angekommen…

Auch auf dem Rückweg lassen wir uns nach Hrensko per AutoStop mitnehmen. Diesmal ein VW-Bus mit Tschechen und Amis auf dem Weg nach Prag. Sehr nette Leute. Jetzt heißt es nur noch einen geeigneten Supermarkt finden, einkaufen, nett essen gehen und zurück zum Campingplatz fahren. Gesagt – getan. Außerdem trinke ich das erste Mal im Leben Becherovka. Der typische Schnaps aus Karlsbad. Und ich muss sagen, es ist das erste und das letzte Mal. Furchtbar. Als ob man Nelken pulverisiert und mit Schnaps runterspült. Aber auch das müssen wir mal gekostet haben. Gegen 21.00 Uhr kommen wir „zu Hause“ satt und müde an.

20. September 2019

Das Wochenende naht und damit auch wieder mehr Camper auf dem Platz. Macht aber nichts, denn heute ist wieder Fahrtag angesagt. Eigentlich wollten wir Richtung Schneekoppe fahren, aber wir machen uns doch erst auf den Weg Richtung Böhmisch Paradies – der Name der Gegend reizt einfach.

Vorher genießen wir allerdings nochmal eine warme Dusche und ein gemütliches Frühstück – dann machen wir uns auf den Weg. Wir fahren durch die wunderschöne Landschaft der Böhmischen Schweiz, die wir bestimmt nicht das letzte Mal besucht haben.

Und wir machen die wunderbare Erfahrung von „Penny“ in Tschechien. Bei einem kurzen Zwischenstopp sind wir im Schlaraffenland – für mich gibt es sogar Lakritz.

Nachmittags kommen wir am Fuß der Burg Trosky an. Wieder eine wunderschöne Landschaft, aber die Kälte macht mir langsam zu schaffen. Wir haben zwar eine Heizung im WoMo und müssen nicht frieren. Aber mir fehlt die Bewegungsfreiheit. Wir können nicht außen sitzen und verbringen die Zeit außerhalb unserer Aktivitäten auf 3qm. Für draußen ist es einfach zu kalt. Und das merke ich langsam in meinen Knochen.

21. September 2019

Nach einer (fast) schlaflosen Nacht, treffe ich morgens um 6:30 Uhr die Entscheidung, den Urlaub hier abzubrechen, bzw. nach Hause zu fahren, um dort den Urlaub fortzuführen. Mir tut jeder Knochen weh und Harry ist auch noch längst nicht auf dem Posten – wir haben das absolut unterschätzt. Und ich will Urlaub haben, mich erholen und mich nicht durch irgendein Programm quälen.

Um 07:00 Uhr packe ich zusammen und nehme Abschied von der Burg und von Tschechien. Harry schläft noch tief und fest und ich zuckel langsam los.

Mit jedem Kilometer, den ich zurücklege stehe ich hinter meiner Entscheidung – habe allerdings etwas Befürchtung, was Harry sagen wird, wenn er sieht, wohin wir fahren. Als er dann irgendwann vorne sitzt, sagt er erstaunlicherweise gar nichts. Scheinbar ist er der gleichen Meinung und es tut gut, sich ohne Worte nah zu sein.

Wir kommen am frühen Nachmittag zu Hause an und die Sonne scheint. Ich steh einfach nur da und genieße…

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